Wenn 
                  man von Hexen redet, kommen einem Bilder ins Gedächtnis die 
                  fast klischeehaft geworden sind: eine krumme und pickelige Nase, 
                  zerrissene Kleider, ein fliegender Besen, usw. 
                Wir 
                  wollen diese klischeehafte Vorstellung nicht bedienen. Nicht, 
                  weil wir uns für besonders originell halten, sondern weil dieses 
                  Bild nur ungenügend dem Stellenwert entspricht, den Hexen und 
                  Magier traditionell in der süditalienischen Gesellschaft geniessen. 
                  
                Wenn 
                  man an das Bild denkt, für das Hexen in Mitteleuropa stehen, 
                  steckt letztendlich immer eine negative Darstellung der Frau 
                  dahinter. 
                  Schließlich ist die Geschichte der Hexenverfolgung sehr stark 
                  mit der Entwicklung in den mitteleuropäischen Ländern verbunden. 
                  Nicht aus geografischen Gründen, sonder weil historisch gesehen 
                  die Hexenverfolgung sehr stark mit dem Bedürfnis der Vertreter 
                  der christlichen Religion verbunden war, sich endgültig von 
                  allen Überbleibseln von Aberglaube oder Naturreligionen zu befreien. 
                  
                  
                 
                  Dieser Wandel hat in Süditalien so gut wie nie stattgefunden, 
                  die katholische Kirche hat dort fast immer versucht sich mit 
                  der Volksreligiosität und mit allen Formen von heidnischen Kulten 
                  zu arrangieren und sogar sie zu vereinnahmen. Dies geschah nicht 
                  nur in vereinsamten Bergregionen, sondern auch in den Grosstädten. 
                  Man braucht nur an das alljährliche Ritual der Blutverflüssigung 
                  des Heiligen Januarius in Neapel zu denken, das sich jedes Jahr 
                  wiederholt und sogar immer mehr an Popularität gewinnt. 
                Diese 
                  uralten Formen von Volksreligiosität, in der Basilicata wie 
                  in Apulien oder in Sizilien haben einen gemeinsamen Nenner: 
                  sie sind eine reine Frauendomäne. Es sind immer Frauen, die 
                  die Kinder von Krankheiten befreien, sie sorgen für die Milch 
                  der stillenden Frauen, sie lösen Beziehungsdramen, sie befreien 
                  vom bösen Blick, sie backen das Brot, sie segnen die Erde... 
                  
                Sie 
                  kennen die richtigen Formeln, die Gebete, die von Frauenmund 
                  zu Frauenmund weitererzählt werden und die Männer, die sonst 
                  wenig von ihrer Macht abgeben, mischen sich hier nicht ein und 
                  scheinen diese Gegebenheiten stillschweigend wie ein naturgegebenes 
                  Phänomen zu akzeptieren. 
                Wenn 
                  man an diese Frauenwelt denkt, fällt es nicht schwer an die 
                  Arbeit einer Spinne zu denken, die ihr Netz spinnt. Hier handelt 
                  es sich um ein Netz von Beziehungen, das gesponnen wird, um 
                  die familiäre oder dörfliche Gesellschaft zusammenzuhalten und 
                  zu schützen. Nicht zufällig ist die Spinne daher , das von süditalienischen 
                  Frauen m meisten gefürchtete und verehrte Tier.