ICH
UND DIE TARANTELLA
Für
viele junge Leute meiner Generation im Italien der 70er Jahre war -vielleicht
im Gegensatz zu Deutschland- die Beschäftigung mit der "wahren" und ursprünglichen
Volkskultur eine politische Aufgabe, die gleichwohl mit einer Ablehnung der kleinbürgerlichen
Kulturnivellierung jener Jahren einherging. Politisch war es auch die Wiederentdeckung
der Dörfer und der wenigen dort noch lebenden Menschen, die Zeugen dieser bäuerlichen
Kultur waren. Erstaunlicherweise
vermischt sich nach ca. 30 Jahren in Süditalien diese alte Kultur mit einem modernen
Zeitgeist. Vor kurzem noch nur von einer in Vergessenheit geratenen Minderheit
von lokalen Musikern praktiziert, ist Tarantella zu einem Massenphänomen geworden.
Wenn man für
einen Moment die negativen Aspekte aller Massenphänomene beiseite lässt, die Gefahr
laufen, den eigentlichen Geist dieser Kultur zu zerstören, dann bleibt zumindest
eine verzweifelte Suche nach starker Identität, die jenseits der Generationen
und der geografischen Unterschiede sich überall in Italien breitmacht und Menschen
aus allen Landesteilen auf der Suche nach einem eigenständigen Lebensgefühl nach
Süditalien führt. |